Einige Aspekte in der Orthodoxen Kirche

von UProf. Dr. Grigorios Larentzakis, Institut für Ökumenische Theologie, Ostkirchliche Orthodoxie und Patrologie

Sinn und Bedeutung der Ehe

Die Ehe hat in der Orthodoxen Kirche einen besonderen Platz im sakramentalen Leben. Das Ereignis der Feier der Eheschließung, oder in der Sprache der Schultheologie die Spendung des Sakraments der Ehe, stellt einen wichtigen Moment des Lebens der Eheleute, ihrer Familien, ihrer Verwandten und Freunde und der Ortskirche selbst dar. Das Fest der Eheschließung bekommt einen feierlichen Charakter, es wird tatsächlich Quelle einer tiefen Freude. Aus diesen Gründen hat die Ehe in der Orthodoxen Kirche einen sehr hohen Stellenwert und sie wird nach wie vor als zeitgemäß geschätzt, ohne natürlich zu behaupten, dass keine Relativierungstendenzen Platz greifen, wie überall in der westlichen Welt.
Die Ehe wird demnach in der Orthodoxen Kirche als Mysterion oder in der westlichen Sprache der Schultheologie als Sakrament verstanden und charakterisiert. Die Ehe ist eine Lebensgemeinschaft von zwei Personen, des Mannes und der Frau, fundiert auf dem Prinzip der uneingeschränkten und uneigennützigen Liebe. Die Logik der Ratio ist beschränkt, während die Logik der Liebe und des Herzens Grenzen überschreitet, weil sie einen weiten Horizont hat, der nicht juridisch bestimmbar und einschränkbar ist.
So stellt die Ehegemeinschaft dieser zwei liebenden Personen, die durch die göttliche Gnade im sakramentalen Vollzug, durch Segnung durch den Liturgen - nicht durch die Brautleute selbst - eine bestmögliche, innigste Einheit dar, denn die zwei werden zu "einem Fleisch" (Mt 19,5). All das ist die konsequente Verwirklichung des Willens Gottes: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei" (Gen 2,18.).


Der Zweck der Ehe

Viele versuchen den Zweck der Ehe als Ort der Fortpflanzung der Menschen, der Erziehung der Kinder, für die Erhaltung der Zahl der Staatsangehörigen eines Landes, als Erhaltung der Arbeitskapazitäten und der Pensionen, als Ort der bloßen Befriedigung und des Löschens der sexuellen Begierde, als Vertrag zweier Partner bzw. Familien für finanzielle Angelegenheiten zu sehen.
Grundsätzlich muss von orthodoxer Seite gesagt werden, dass die Ehe einen sakralen Raum der zwei Menschen, des Mannes und der Frau, bildet, den niemand sonst betreten oder verletzen darf. Demnach ist der erste und wichtigste Grund der Ehe die Tatsache, dass sie "das Mysterium der zwei" darstellt als Gemeinschaft zweier liebenden Personen, die jedoch von der allgemeinen Gemeinschaft nicht isoliert werden. Die Liebe ist demnach gut, nicht, weil sie Leben schenkt, sondern weil sie gut ist, schenkt sie Leben. Die Orthodoxe Kirche hat also niemals die Kinderzeugung als einen Selbstzweck betrachtet. Eine deutliche Differenzierung zwischen Sexualität und Fruchtbarkeit bzw. Kinderzeugung wird innerhalb der Kirche gemacht. Die bereits vor der Eheschließung bekannte Unfruchtbarkeit stellt kein kirchenrechtliches Hindernis für eine kirchliche Eheschließung dar. Im Gegenteil sind die sexuelle Impotenz und die Perversion des Geschlechtes Ehehindernisse, wenn sie vor der Ehe bekannt sind und Scheidungsgrund, wenn sie nach der Eheschließung bekannt werden. Die positive Stellung der Kirche gegenüber der Sexualität - auch unabhängig von der Fruchtbarkeit - ist damit, trotz der Existenz von manchen gegenteiligen Stimmen, eindeutig klar. Denn Liebe und Eros sind Gaben Gottes und für das Zustandekommen einer glücklichen Ehe unentbehrlich. Auch synodale Entscheidungen aus der Frühkirche haben beschlossen, dass alle diejenigen, die die ehelichen Sexualbeziehungen und überhaupt die Ehe missachten bzw. herabsetzen, exkommuniziert werden sollen.
Durch das Sakrament der Ehe wird das ganze eheliche Leben der Ehepartner bzw. die Familie geheiligt, die eine der wichtigsten Zellen für die Gesellschaft darstellt.


Die Unauflöslichkeit der Ehe

Gerade diese Gemeinschaft mit einem solchen Sinn kann keinen provisorischen Charakter haben, sondern sie ist eine Gemeinschaft für das ganze Leben der Ehepartner; ja der Tod selbst kann diese innere Bindung nicht auflösen. Daher muss die grundsätzliche und prinzipielle Unauflöslichkeit der Ehe sehr ernst genommen werden und als eine dringende Aufgabe nicht nur von den Eheleuten selbst, sondern auch von der Gesellschaft überhaupt und deren Verantwortlichen betrachtet werden. Das biblische Fundament der Unauflöslichkeit der Ehe in der Feststellung Jesu: "Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen" (Matth 19,6; Mk 10,9), sind ernst zu nehmen. Die Worte des Herrn wurden nicht nur als eine einfache Empfehlung ausgesprochen. Auch die erste Gemeinde hatte die Worte des Herrn im strengen Sinne verstanden. Die Kirche hat aber nie das Evangelium als ein System von gesetzlichen Rezepten und Verpflichtungen betrachtet.


Ehescheidung und Wiederverheiratung

Zwar stellt das Gebot Jesu zur dauerhaften Bindung zwischen Mann und Frau für alle Eheleute einen idealen Zustand dar - niemand zweifelt daran -, kann aber, genauso wie jedes andere Gebot, u.a. auch aufgrund der Unvollkommenheit des Menschen, die Übertretung und die Sünde, ja sogar die Todsünde und schließlich auch das Scheitern einer Ehe nicht ausschließen. Wo die ideale Situation der Hingebung und der uneigennützigen Liebe nicht mehr vorhanden ist, wird die Gemeinschaft zwischen den Partnern erschüttert. Das führt zur Situation, dass die absolute hingebende und aufopfernde Liebe zur Gleichgültigkeit gegenüber dem Partner, ja manchmal auch zum Hass verwandelt wird. So wird das vorbildhafte, sakramentale Verhältnis zwischen Christus und der Kirche, zwischen dem Bräutigam und der Braut nicht mehr seine Vergegenwärtigung in der Ehe haben. Daher gibt es nicht nur den natürlichen Tod, der die Ehe erschüttert, sondern auch den moralischen. D.h. die Orthodoxe Kirche kennt auch eine Ehescheidung aus mehreren Gründen, mit der Möglichkeit danach für eine Wiederverheiratung durch kirchliche Eheschließung mit sakramentalem Charakter bis zu drei Mal. Es ist bekannt, dass diese Praxis auch in der Frühkirche zugunsten der Menschen festzustellen ist. Das bedeutet also bis heute in der Orthodoxen Kirche, dass ein nach dem orthodoxen Kirchenrecht "legitim" Geschiedener wieder sakramental-kirchlich heiratsfähig ist:
a) Wiederherstellung der Ehe von geschiedenen Eheleuten und
b) Zweite und dritte Eheschließung.
Aus gegebenem Anlass muss hier festgestellt werden, dass auch diese zweite und dritte kirchliche Eheschließung als Anteilnahme am Mysterium Christi und der Kirche, genauso wie die Erste Ehe Sakrament sind. Natürlich stellt die erste bzw. einzige Eheschließung einen "Idealzustand" dar. Aber wenn die Kirche Nachsicht übt (Oikonomia) auch für die Schwächeren bzw. die schuldlos Gescheiterten, und das tut sie mit der Erlaubnis der zweiten und dritten Eheschließung, dann gibt sie eben diesen reumütigen Gläubigen die neue Möglichkeit, an der göttlichen Gnade durch das Sakrament der Ehe teilzuhaben, wenn auch mit weniger Glanz im Ritus und später, nach einer gewissen Bußzeit, auch am Sakrament der hl. Eucharistie durch den Empfang der hl. Kommunion teilzunehmen. Die Sünde wird von der Kirche immer bekämpft und verurteilt, der Sünder jedoch immer barmherzig und hilfsbereit behandelt, weil Gott selbst allen Sündern gegenüber barmherzig und nachsichtig ist. Die Gebete der zweiten und dritten Eheschließung sind Zeugnisse von großartiger Barmherzigkeit, jedoch innerhalb des sakramentalen Lebens im therapeutischen Sinn.


Einer der Partner gehört einer anderen Konfession an - was nun?

Wenn ein Partner einer anderen Konfession angehört, wird auch bei diesem Ehepaar der orthodoxe Trauungsgottesdienst gefeiert, wie bei jeder anderen Hochzeit, bei der beide Ehepartner der Orthodoxen Kirche angehören. Der nichtorthodoxe Partner muss einen Taufschein von der Kirche, in der er getauft wurde, vorbringen. Nicht-Christen bzw. Nicht-Getaufte können in der Orthodoxen Kirche kirchlich nicht heiraten.


Häufig gestellte Fragen zur Trauung

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